Außerhalb Menorcas
Die Sonnenuhr auf Tory Island
 
Hoch im Norden Europas, nördlich von Irland, gibt es auf der kleinen Insel Tory Island eine Sonnenuhr nach dem Prinzip des Magischen T, oder wie auf der Insel Menorca auch "Taula" genannt.
 
In der Landessprache wird diese steinerne Konstruktion "Tau Cross" genannt.
 
 
Bild 1: Das 'Taukreuz' auf Tory Island in der Nähe des Hafens.
Bildfreigabe: Brian T McElherron.
 
Wenn wir uns auf den Hinweis des Namens 'Tau' beziehen, ist es zunächst erstaunlich, dass das Kreuz auf Tory Island aus dem 12. Jahrhundert stammt. Ähnliche Bauwerke auf der Insel Menorca werden auf 1600 v. Chr. datiert. Das Wissen um das mathematische Prinzip einer prähistorischen Sonnenuhr scheint jedoch über große Zeiträume und Entfernungen hinweg bekannt geblieben zu sein.
 
Ich habe das Wissen über eine universelle Sonnenuhr wiederentdeckt. An dieser Stelle erkläre ich das Prinzip für ein besseres Verständnis.
 
Das Problem bei einer Sonnenuhr ist die Konstruktion des Zifferblatts zur Anzeige der Zeit oder des Schattens. Ohne Computertechnik ist es heutzutage schwierig, das Zifferblatt an der Wand oder auf dem Boden zu berechnen. Für die Konstruktion und Darstellung des Zifferblatts von Sonnenuhren sind spezielle Softwareprogramme notwendig. Eine Tabellenkalkulation zur Berechnung der Höhe des Sonnenstandes zu einem bestimmten Zeitpunkt (Jahr und Tag) ist eine Grundvoraussetzung.
 
Der Standort der Sonnenuhr wird immer nach dem Breitengrad ausgerichtet. Dazu hat der Schattenstab einer Sonnenuhr eine von Ort zu Ort unterschiedliche Schrägstellung. Der Schattenstab ist schräg gestellt und zeigt parallel zur Erdachse nach Norden. Dadurch ergibt sich bei sehr nördlich aufgestellten Sonnenuhren ein fast senkrecht nach oben gerichteter Schattenstab. In Richtung Äquator hingegen wird der Schattenstab immer waagerechter.
 
Heutzutage können nur noch Spezialisten eine Sonnenuhr am Computer konstruieren. Die Konstrukteure kennen den Zeitpunkt und den Ort des Schattens dank mathematischer Berechnungen. Eine Sonnenuhr kann nur die vorher berechnete Zeit anzeigen, wenn der Schatten auf die zuvor festgelegte Zeiteinteilung des Zifferblatts trifft.
 
Eine Sonnenuhr kann nur die Zeit anzeigen, die das Zifferblatt vorgibt, aber niemals die Zeit selbst berechnen.
 
  • Es ist jedoch interessant zu überlegen, wie es in prähistorischer Zeit möglich war, eine Zeiteinteilung vorzunehmen, wenn das Zifferblatt noch nicht konstruiert war.
  • Ist es denkbar, dass eine Sonnenuhr beispielsweise eine Stunde ihres Schattenlaufs im Voraus anzeigen kann?
  • Kann eine prähistorische Sonnenuhr ihr Zifferblatt selbst vorgeben oder sich selbst kalibrieren, um ihre eigenen Abweichungen zu bestimmen?
 
Nein, das wäre eine Sensation. Ohne Computer ist dies definitiv nicht möglich.
 
In diesem Artikel wird gezeigt, wie es funktioniert.
 
Eine universelle Sonnenuhr bedeutet lediglich, dass der Standort der Sonnenuhr auf der Weltkugel keine Rolle spielt. Wie bekannt ist, verläuft der Sonnenlauf kreisförmig. Die Sonne geht morgens auf, steht mittags am höchsten und geht abends wieder unter. Dabei sehen wir nur den 1. Halbkreis, da der 2. Halbkreis von der Erdkugel verdeckt wird.
 
Der Schatten wird überall angezeigt, jedoch mit unterschiedlicher Länge.
 
Um den kreisförmigen Sonnenlauf zu beschreiben, teilen wir ihn am besten in Sektoren auf.
 
Der Schattenwurf verläuft somit in Sektoren.
 
Da der Sonnenlauf kreisförmig verläuft, benötigen wir theoretisch am Boden ebenfalls einen kleinen Kreis, der dem großen kreisförmigen Sonnenlauf entspricht. Der Schatten würde dann korrekt in einem Größenverhältnis nachgebildet.
 
Wie der Name 'Tau Cross' schon sagt, ist hier der mathematische Begriff 'Tau' verwendet worden. Ein Tau entspricht dem doppelten Radius eines Kreises. Diese Sonnenuhr besteht aus zwei Steinen: einem senkrechten und einem waagerechten Stein.
 
Der Abstand vom Boden bis zur Unterkante des waagerechten Steins wird als Speiche oder Radius bezeichnet. Die Breite des waagerechten Steins wird als Sektor bezeichnet.
 
Das 'Taukreuz' ist nicht besonders groß, mit einer Höhe von ca. 1,90 m und einer Breite von ca. 1,1 m.  Die Konstruktion ist sehr intelligent und keinesfalls zu unterschätzen.
 
Ich habe den Radius bis zur Unterkante des waagerechten Steins auf etwa 1,57 m gemessen und die Breite der Unterseite des Steins auf etwa 98 cm.
Diese beiden Werte sind ausreichend für die Konstruktion einer Sonnenuhr.
 
Der Umfang eines Kreises berechnet sich durch den Radius mal 2 mal Pi. Alternativ kann auch das mathematische Symbol 'Tau' für 2 mal Radius verwendet werden. Der Umfang des Kreises berechnet sich mit Tau x Pi.   Hierbei ist zu beachten, dass Tau den Wert 3,14 hat, was gleichbedeutend mit Pi ist. Zur Berechnung des Kreisumfangs kann auch Pi x Pi oder Pi² verwendet werden. Das Ergebnis für den Umfang dieses nachgebildeten Sonnenkreises, sowohl für den Tag als auch für die Nacht, beträgt 9,87 m.
 
Für eine Einteilung der Tageszeit in Sektoren habe ich die Breite des waagerechten Steins auf ca. 98 cm gemessen. Wenn wir nun den Umfang des Kreises durch die Breite des Sektorsteins teilen, erhalten wir eine Teilung von genau 10. Die gesamte Tageszeit wird in 10 großen Teilungen unterteilt. Somit ergibt sich für unsere heutigen 1440 Minuten (24 Stunden x 60 Minuten) eine Zeiteinteilung von 144 Minuten. Die Unterseite des waagerechten Steins ist in drei kleine Teilungen (links, Mitte, rechts) aufgeteilt. Die kleinste Teilung der Tageszeit entspricht somit 48 Minuten.
 
Das Ablesen der Zeit ist sehr einfach. Wenn der waagerechte Sektorstein als Schatten abgebildet wird, markieren Sie (z.B. mit zwei Steinen) die Ecke der linken und rechten Unterseite. Wenn Sie jetzt 144 Minuten warten, ist der Schatten genau eine Sektorbreite weiter gewandert.
 
Wenn Sie beispielsweise einen der drei Innenwinkel markieren, wandert der Schatten innerhalb von 48 Minuten genau in diesen kleinen Sektor.
 
Die Sonnenuhren zeichnen ihre Zifferblätter selbst.
 
Auf Bild 1 ist die linke Seite des waagerechten Steins etwas schräger als die rechte Seite ausgeführt. Der Grund für diesen Ausgleich ist das Analemma. Die Sonnenzeit entspricht nicht exakt der Erdrotation oder der elliptischen Umlaufbahn und muss für eine präzise Zeitdarstellung ausgeglichen werden.
 
Auch die vielen Sonnenuhren auf der Insel Menorca sind genau nach diesem Prinzip konstruiert.
 
Die schräge Seite verläuft immer bis zur Mitte des Fußes einer Sonnenuhr. Die Seite, die nicht so schräg verläuft, verläuft immer mit einer gedachten Linie bis zur Seite des Fußes einer Sonnenuhr. Dabei spielt es keine Rolle, welche Höhe die Sonnenuhr tatsächlich hat.
Die unterschiedliche Schrägstellung des Sektorsteins ist eine Besonderheit aller auf der Welt befindlichen Taulen!
 
Für die Schattenablesung der Tageszeit (AM/PM) gilt: Für die eine Hälfte des Tages (Vormittag) wird die eine Hälfte der Sonnenuhr verwendet, für die andere Hälfte (Nachmittag) die andere Hälfte.
 
Diese Sonnenuhr funktioniert ohne Kenntnis des Breitengrades.
 
Für astronomische Bestimmungen, wie z.B. die Einteilung der Erde in ein Koordinatensystem, müssen weitere Beobachtungen durchgeführt werden. Nicht nur hier auf Tory Island, sondern überall in Irland gibt es dutzende hohe runde Türme und rechteckige Kammern. Diese Türme und Kammern werden auf der Insel Menorca Talayots und Navetas genannt. Offensichtlich dienten sie auf Menorca der gleichen technischen Funktion.
 
 
Bild 2 zeigt einen runden Turm aus Granit, der sich in der Sichtlinie des 'Tau Cross' befindet.
 
Es ist unklar, welche Funktion diese Türme hatten. Die Eingänge der Türme befinden sich alle 2 bis 3 Meter über dem Fundament. Im mittleren und oberen Bereich gibt es oft nur 2 Fenster, die um ca. 90 Grad versetzt angeordnet sind. Die Türme sind innen hohl und dienen lediglich als Kletterhilfe. Es gibt kein abschließendes Dach.
 
Nur die Verwendung eines Positionslichtes (aus dem Fenster) würde diese Konstruktion rechtfertigen. Offensichtlich diente dieses Positionslicht nicht als Leuchtturm, sondern eher als Richtungsweiser (aus dem Fenster), um eine entsprechende Winkelberechnung durchführen zu können. Der nächtliche Sternenhimmel diente als Positionslicht auf der gegenüberliegenden Seite.
 
Der Umfang des Turmes beträgt 15,7 m und die Höhe 12,8 m. Bei der Berechnung des Turmdurchmessers ergibt sich ein exakter Wert von 5,0 m. Wenn wir die Turmhöhe von 12,8 m als Durchmesser eines Kreises betrachten, ergibt sich ein Kreisumfang von 40,0 m. Es scheint, dass bei den steinernen Konstruktionen die Maßeinheit Meter als Grundmaß verwendet wurde.
 
Bild 3 zeigt eine rechteckige Granitstruktur mit einem kleinen Eingang.
 
Die Abmessungen im Inneren betragen 3,5 m x 2,3 m und die Wandstärke erreicht eine ungewöhnliche Dicke von bis zu 80 cm. Die Wände sind sowohl luft- als auch schalldicht konstruiert. Es scheint, dass die Struktur eine akustische Funktion hat.
 
 
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